Mit dem Einkaufswagen Mrs. Molly durch Australien, seht hier mit welch unkonventionellem Gefährt Christian on Tour war.

Als ich das erste mal bei Facebook von einem Typen gehört habe, der mit einem Einkaufswagen quer durch Australien gelaufen/gefahren ist, da war ich komplett sprachlos. Nach einigen Tagen dachte ich jedoch, geiles Projekt und sicherlich so Nahe an der Natur wie mit kaum einem anderen Gefährt.

 

Ich konnte Christian Zimmermann zu einem Interview gewinnen, lest selbst was ihn zu solch einer Reise bewegt hat.

 

Mein lieber Christian, wir alle wünschen dir für die kommende Tour alles Gute, viel Erfolg, aber vor allem eine erneut unglaublich beeindruckende Reise.

Jedes Gefährt hat einen Namen, darf ich euch Mrs. Molly vorstellen?

1. Erzähle doch einmal, wo kommst du denn eigentlich her?

Ich bin 50 Jahre alt und wohne in Flumenthal, in einer ziemlich ländlichen Gegend in der Schweiz nicht weit von Solothurn entfernt.

2. Wie kommst du zum Reisen/Outdoorleben/Bushcraften?


Ursprünglich habe ich Landschaftsgärtner gelernt und habe auch einige Jahre auf diesem Beruf gearbeitet. So war ich es mir gewöhnt den ganzen Tag draussen zu sein und nach Abschluss meiner Lehre packte mich das Fernweh. Ich war immer wieder für längere Trips auf der halben Welt unterwegs. Reisen und Fotografieren war mein Hobby.

3. Warst du schon immer viel in der Natur unterwegs? Wenn ja, in welcher Form?

Auf meinen Reisen war und bin ich immer sehr viel zu Fuss unterwegs. Das Vorwärtskommen mit der eigenen Muskelkraft hat mich schon früh fasziniert! Einer meiner ersten Trips führte mich mit meinem Bruder Andreas auf den Yukon River. Mit dem Kanu paddelten wir in 80 Tagen auf diesem mächtigen Strom durch Kanada und Alaska, bis wir die Beringsee erreichten. Alles was wir zum Leben benötigten, bunkerten wir sehr bequem in unserem schwimmenden Fortbewegungsmittel.
Dann radelte ich ein paar Jahre später fast 10000 Kilometer durch Australien. Von Perth im Westen ging es über Broome nach Darwin und dann mit vielen Abstechern über Alice Springs bis nach Coober Pedy. In dieser berüchtigten Opalstadt in Südaustralien wurde mir eines Nachts mein Fahrrad inklusive Anhänger gestohlen. Die Polizei hat das nicht wirklich interessiert und so kaufte ich vier Tage später einem griechischen Opalsucher sein altes Auto ab.  So konnte ich meine Reise doch noch beenden.

4. Wie alt warst du, als du das erste Mal auf eigene Faust unterwegs warst? Wie warst du unterwegs?


Mit 19 ging es mit einem Freund für 3 Monate nach Australien. In Hongkong machten wir einen zweitägigen Stopover. Auf einem Markt für Einheimische konnten wir ungläubig und angeekelt beobachten, wie die Händler auf dem Bürgersteig Schlangen, Kröten und alles Mögliche schlachteten. Wir Greenhorns haben uns dann vor allem bei McDonalds ernährt… Anschliessend kauften wir uns in Sydney völlig blauäugig und naiv ein überteuertes Auto, das sich schon ziemlich schnell als extrem pannenanfällig entpuppte. Im Nachhinein kann ich es fast nicht glauben, dass wir mit diesem weissen Datsun unfallfrei und heil wieder nach Hause gekommen sind. Auch hatten wir keine Registration und das Geld für eine Versicherung sparten wir uns auch…

5. Mit welchem Gefährt bist du aktuell unterwegs? Magst du uns etwas dazu erzählen?


Mein letztes grosses Abenteuer habe ich 2016 realisiert. Und es zog mich, wie kann es anderes sein wieder nach Australien. Meine letzte Reise ins Land der Aussies lag auch schon wieder 17 Jahre zurück und so wollte ich da wieder einmal hin. Und es musste wieder etwas Abenteuerliches sein. Ich entschloss mich etwas zu Fuss zu machen. Aber wie kann ich bis zu 30 Liter Trinkwasser, Proviant für eine Woche und die gesamte Camping- und Fotoausrüstung transportieren? Das würde mit einem Rucksack nicht funktionieren – viel zu schwer! Plötzlich kam mein Bruder mit der zündenden Idee: «Nimm doch einen Einkaufswagen, da hast du garantiert genügend Platz und diese Vehikel kannst du überall für einen Euro mieten!» Uns so kam es also zu meinem etwas schrägen Projekt «TransAustralia, 3059 Kilometer zum Fuss mit einem Einkaufswagen durch Down Under». Von Darwin im Norden bis nach Adelaide im Süden durchquerte ich mutterseelenalleine in genau 105 Marschtagen den Roten Kontinent. Über dieses Abenteuer habe ich übrigens auch ein Buch geschrieben…

6. Stehst du lieber frei, oder ist dir der Komfort eines Campingplatzes wichtiger?


Am liebsten zelte ich frei, da habe ich einfach meine Ruhe und kann machen was ich will. Natürlich geniesse ich ab und zu die Annehmlichkeiten eines Campingplatzes. Vor allem einer warmen Dusche bin ich nicht abgeneigt…insbesondere auch wegen meiner Mitmenschen!

7. Eher Land, Leute und Natur, oder mitten in die Metropolen rein? Warum?


Ganz klar das Erste! Ich bin selber eher ein Landei und geniesse die Ruhe und das gemächlichere Tempo auf dem Land. Und bei einem Trip zu Fuss mit einem Einkaufswagen sind die Menschen auf dem Land sehr neugierig, hilfsbereit und herzlich. In der Stadt haben die Leute eher das Gefühl du seist wirklich ein Obdachloser und verhalten sich dementsprechend! Natürlich geniesse ich auch gerne für zwei, drei Tage eine tolle Stadt. Aber nach dieser Zeit zieht es mich wieder raus in die Natur.

8. Wie finanzierst du deine Reisen? Was machst du beruflich?


Die Reisen finanziere ich selber. Der schöne Nebeneffekt beim Reisen zu Fuss ist, dass diese Fortbewegungsart sehr günstig ist! Glücklicherweise konnte ich mein Hobby zum Beruf machen. Als Fotograf produziere ich auch «Live-Reportagen» mit denen ich meine Abenteuer auf Grossleinwand einem grösseren Publikum präsentiere.

9. Schreibst du einen Blog oder hast du einen YouTube Kanal? Bist du bei Instagram? Wie oft postest du dort Neues? Was können Follower davon erwarten?


Wer mich auf Social Media verfolgen will, findet mich ausschliesslich auf Facebook: https://www.facebook.com/christian.zimmermann.739. Während meinen Abenteuern poste ich, wenn möglich jede Woche einen kleinen Bericht. Aus Zeitgründen füttere ich keine anderen Kanäle, weil ich vor allem mein Leben in der Realität führen möchte und nicht im Internet.

Hier noch der Link zum TransAustralia Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=O-CbxQZFqw4


…und der Link zum Trolley Man Song: https://www.youtube.com/watch?v=7wOKuFrbuco&feature=youtu.be

 

10. Welche spannende Tour oder Trip planst du aktuell?


Anfang Mai 2019 startet mein nächstes Projekt. Ich war in Australien von meinem Einkaufswagentrip so begeistert, dass ich mich nach Abschluss meines Gewaltmarsches nicht von meiner treuen Begleiterin «Mrs. Molly the shopping trolley» trennen konnte. So verschiffte ich sie in Adelaide und nach vier Monaten kam sie in der Schweiz an. Nun werde ich schon bald mit meiner rollenden Dame zu Fuss vor meiner Haustüre starten, das Ziel wird die russische Hauptstadt Moskau sein. Mit 3400 Kilometern und 26000 Höhenmetern werde ich voraussichtlich ein bisschen mehr als vier Monate benötigen, um mein Ziel zu erreichen.

11. Wie kamst du auf die Idee für dein Vorhaben?


Ich guckte im Internet die Weltkarte an und fragte mich wie weit ich wohl in zirka vier Monaten ab meiner Haustüre in der Schweiz kommen kann. Dazu musste es eine Strecke sein, die mich reizte. Ich werde also zuerst an der Donau entlang bis nach Wien wandern. Dann über möglichst verkehrsarme Strassen über Brünn (Tschechien), Krakau (Polen) und Vilnius (Litauen), um dann die restlichen 620 Kilometer auf der Hauptstrasse M9, ohne einmal abzubiegen bis nach Moskau zu kommen.

12. Wie lange wird deine Reise dauern?


Die kürzeste Strassenverbindung von Flumenthal nach Moskau wurde mir mit 2654 Kilometern angezeigt. Aber Mrs. Molly und ich haben auf den europäischen Autobahnen nix zu suchen. Nach einer zeitintensiven Recherche hat sich meine ungefähre Route herauskristallisiert und die wird gegen 3400 Kilometern lang sein.

13. Hast du einen exakten Plan, oder lässt du dich lieber treiben und schaust was so auf dich zukommt?


Die grobe Route steht zum grossen Teil. Unterwegs werde ich dann von Tag zu Tag schauen und meine Strecke gegebenenfalls anpassen. Aber wie so oft wird es ab und zu anders kommen, als man es sich ausgerechnet hat. Ich habe aber genügend Zeit eingeplant, so dass es nicht allzu stressig wird. So lass ich mich eher treiben, muss aber natürlich meinen Zeitplan schon einigermassen einhalten. Schon wegen des russischen Visums…das ist ja auch nicht ewig gültig.

14. Was erhoffst du dir von deiner Reise?


Wie bei all den Reisen mit eigener Muskelkraft, freue ich mich vor allem auf die Begegnungen mit den Menschen unterwegs. Auf so einem Trip kann ich unweigerlich keine grossen geografischen Abstecher machen und kann auch nicht die örtlichen Touristenattraktionen ansteuern. Ich werde einfach Tag für Tag meine geplante Strecke laufen und gespannt sein was für Menschen und Situationen ich unterwegs begegne. Bei dieser Reiseart muss man extrem offen und flexibel sein. Auch nicht zu wissen, wo man am Abend übernachten kann, wäre für viele wohl ein grosses Problem… 

15. Wen oder was wirst du am meisten auf deiner Reise vermissen?


Meine Partnerin

16. Ist deine Art zu Reisen dein absolutes Non plus Ultra oder wie möchtest du sie noch verändern? Welche Pläne hast du noch für die Zukunft?


Im Moment bin ich ziemlich begeistert von meiner Fortbewegungsart. Ich kann meinen gesamten Hausrat recht bequem transportieren und Mrs. Molly ist auch eine sehr gute Gesprächspartnerin. Und das Beste am Ganzen ist, dass sie mir nie widerspricht…!

Einige Ideen schwirren selbstverständlich schon in meinem Kopf herum. Routen mit meinem Einkaufswagen könnten sein: Schweiz bis nach Teheran oder auch Schweiz bis nach Marrakesch oder warum nicht eine Etappenreise rund um die Welt?

Neben diesen eher verrückten Reisen gibt es auch «normale» Destinationen die mich reizen würden. Den asiatischen Raum kenne ich zum Beispiel noch nicht sehr gut und auch Südamerika wäre sicherlich die eine oder andere Reise wert.

17. Hattest du schon einmal eine brenzlige Situation auf einer deiner Reisen? Wie konntest du dem entgehen?


Kleinere brenzlige Situationen gibt es natürlich immer wieder. Mit dem Fahrrad in Australien musste ich einmal durch einen Buschbrand radeln. Die Flammen haben sich haushoch über dem Highway aufgetürmt und ich musste den richtigen Augenblick abwarten, um fast blind durch den Rauch strampeln zu können. Auf meinen Trips zu Fuss ist der Verkehr manchmal ein Problem. Da heisst es immer die Augen offenhalten!

18. Was uns auf Reisen immer alle beschäftigt, ist das Essen. Hast du ein Lieblingsgericht, welches du häufig zubereitest? Ob auf dem Lagerfeuer, im Dutch Oven oder auf dem Kocher, die Leser freuen sich sicher schon darauf es nachzukochen.


Ich bin zwar begeisterter Hobbykoch, doch auf meinen Märschen ernähre ich mich ziemlich einfach…Hauptsache Kalorien! Mit meinem kleinen Gaskocher muss es möglichst schnell und simpel gehen. Ich darf es hier fast nicht sagen, aber ich liebe die «2 minutes Noodle soups»! Ich ernähre mich auf diesen Reisen auch ganz bewusst ziemlich spartanisch, einfach als Kontrast zum normalen Leben im Überfluss. Aber falls ich wieder mal Lust auf etwas Gescheites habe, finde ich garantiert ein Wirtshaus, das für mich einen tollen Gaumenschmaus mit lokalen Spezialitäten hinzaubern kann!

19. Welches sind deine 3 wichtigsten Gegenstände auf deiner Reise?


Mit meinem eher kleinen Platzangebot in meinem Wägelchen muss ich mich wirklich nur auf das Wichtigste beschränken und deshalb sind alle meine mitgeführten Gegenstände essentiell
😊. Ok drei Gegenstände… erstens sicherlich das Smartphone, mit dem kann ich mit zuhause und der Rest der Welt kommunizieren, habe die benötigten Landkarten darauf gespeichert, kann meine Drohne und Actionkamera steuern und mit dem Translater kann ich mich zur Not überall und ohne grössere Probleme verständigen. Zweitens: mein Campingstuhl Therm-a-Rest Treo Chair. Das Teil ist sehr leicht, schnell zusammengebaut und extrem bequem. Es ist mir wichtig, dass ich mich nach 35-40 absolvierten Kilometern am Tag, am Abend gemütlich hinsetzen kann. Und drittens: Eine spannende Reiselektüre…wie zum Beispiel mein Buch «TransAustralia» das überall als Paperback, Hardcover oder E-book erhältlich ist 😊. Hier bekommt ihr das Buch

20. Was magst du unseren Lesern mit auf den Weg geben?

 


Nicht allzu viel planen respektive verplanen, einfach mal machen! Auch tut es gut seine Komfortzone immer wieder ganz bewusst zu verlassen! Anschliessend schätzt man das was man hat doppelt!

 

Danke schön für diesen tollen Einblick in deine Touren, ich freue mich schon sehr auf alles, was da noch kommen wird.

Alles Liebe, Ralf

Copyright aller Fotos liegt bei Christian Zimmermann, www.global-av.ch