Der Pilgerwagennomade

 

Hallo ihr Lieben, kennt ihr schon Detlef, den Pilgerwagennomaden? Nein, dann lest unbedingt weiter, lernt ihn kennen und besucht ihn auf seinen Seiten!

 

Vielen Dank Detlef für dieses tolle Interview und wir wünschen euch ganz viel Spaß beim Lesen und Kennenlernen! 

 

 

1. Erzähle doch einmal, wo kommst du denn eigentlich her?

 

Ich bin Baujahr 1967. Ursprünglich ein Kind des Ruhrgebiets, lebe ich seit einigen Jahren in Wettmar, einem Dorf zwischen Celle und Hannover. Ich schätze die ländliche Umgebung am Rand der Südheide. Bin aber auch froh, bei Bedarf die Infrastruktur größerer Städte in der Nähe zu wissen.

 

 

2. Wie kommst du zum Reisen/Outdoorleben/Bushcraften?

 

Da habe ich mehrere Zugänge: Ich war rund 15 Jahre Windsurfer. Zeitweise war ich damals auch mit einem Campingwagen unterwegs, viel lieber und häufiger aber mit dem Zelt. Nach meiner Surfer-Zeit war ich einige Jahre als Inline-Speedskater aktiv, habe dann das Laufen und Wandern für mich entdeckt. Mich begeistert die Bewegung zu Fuß. Besonders reizt es mich, größere Distanzen zurückzulegen, dabei meine Grenzen auszuloten und zu erweitern. So habe ich mich nach und nach zum „Ultra-Läufer“ entwickelt. Laufe also Distanzen weit länger als ein Marathon. Gerne bin ich mehrere Tage oder Wochen unterwegs, übernachte dann bevorzugt im Zelt oder mit Tarp und Biwaksack. Meistens gehe ich in Deutschland auf Tour, gelegentlich auch im europäischen Ausland (Kanaren, Madeira usw.).

 

 

3. Warst du schon immer viel in der Natur unterwegs? Wenn ja, in welcher Form?

  

15 Jahre lang stand bei mir die Mischung aus Windsurfen und Campen im Vordergrund. In dieser Zeit hieß „Natur“ für mich einerseits Meer, Fjorde und Seen, andererseits Campingplatz. Bereist habe ich insbesondere die Niederlande, Dänemark, die Türkei, Portugal und Spanien. Nie mit dem Flugzeug, sondern immer auf Rädern.

 

 

4. Wie alt warst du, als du das erste Mal auf eigene Faust unterwegs warst? Wie warst du unterwegs?

 

Mit 18 ging es mit Auto, Surfbrett, Zelt und meiner damaligen Freundin ans Meer. Genauer in den Ort Pula, der heute zu Kroatien gehört. Damals existierte noch das Land Jugoslawien. Die Unterschiede zum Leben in Deutschland waren enorm. Während in der Heimat jederzeit der Wasserkran aufgedreht werden konnte, ging das auf dem Campingplatz nur in den Nachtstunden. In Deutschland hatten wir die harte D-Mark, in Jugoslawien eine krasse Inflation. Geld tauschten wir auf dem Schwarzmarkt, zu einem Vielfachen des offiziellen Kurses. Benzin gab es nur auf Gutscheine, die vorab gekauft, täglich massiv an Wert verloren. In Supermärkten gab es zwar gut gefüllte Regale, aber nur eine sehr geringe Auswahl. Ganze Regalwände waren z. B. mit Tomaten in Konservendosen gefüllt. Ich hatte eine tolle Zeit, aber auch Lehrgeld bezahlt. Damals habe ich gelernt: Viele Dinge, die mir bisher selbstverständlich erschienen, sind dies nicht wirklich.

 

 

5. Mit welchem Gefährt bist du aktuell unterwegs? Magst du uns etwas dazu erzählen?

 

Mein Körper ist mein Gefährt, da ich überwiegend wandere und laufe. Seit Anfang 2020 nutze ich auf einigen meiner Touren einen Wanderanhänger/ Pilgerwagen zum Gepäcktransport. Dies erleichtert den Transport meiner Campingausrüstung, vor allem auf Touren, die ich nicht wandere, sondern laufe. Mehrwöchige Lauftouren werden – wenigstens für mich – erst durch einen Pilgerwagen möglich. Auf Touren mit vielen Höhenmetern oder schwierigen Untergründen macht ein Pilgerwagen wenig Sinn, dann bin ich weiter mit Rucksack unterwegs.

 

 

6. Stehst du lieber frei, oder ist dir der Komfort eines Campingplatzes wichtiger?

 

Beides, entscheidend ist die richtige Mischung. Es ist herrlich, in der freien Natur zu übernachten. Dies ist aber nicht immer legal möglich. Insbesondere in Naturschutzgebieten übernachte ich nicht. Nicht nur, aber auch wegen der empfindlichen Strafen, die andernfalls drohen. Ansonsten campiere ich z. B. auf Privatgrund mit entsprechender Erlaubnis. Oder nutze die juristischen Grauzonen, die das Biwakieren ohne Zelt eröffnet. Zwischendurch übernachte ich immer wieder auf Campingplätzen. Vor allem weil ich auf eine Dusche nicht allzu lange verzichten mag.

 

 

7. Eher Land, Leute und Natur, oder mitten in die Metropolen rein? Warum?

 

Ich bin in der Metropolregion Ruhrgebiet geboren, lebe aber seit einigen Jahren ländlich. Ich kenne beides und weiß für mich: Land und Natur sind mein Umfeld! Auf meinen Reisen zieht es mich deshalb nicht in Städte, sondern in die Natur. Ich liebe es aber, auf meinen Touren kleine Dörfer zu passieren. Vor allem solche mit alter Bausubstanz (Fachwerk) und ländlicher Gastronomie.

 

 

8. Wie finanzierst du deine Reisen? Was machst du beruflich?

 

Ich habe ursprünglich Sozialpädagogik studiert und lange im Sozialwesen gearbeitet. Nebenberuflich war ich selbständig und habe Online-Projekte realisiert. Seit 2012 arbeite ich hauptberuflich als Onlinemarketing-Manager, arbeite nebenberuflich weiter an Online-Projekten. So betreibe ich z. B. die Website www.pilgerwagennomade.de, auf der ich über meine Touren berichte.

 

 

9. Schreibst du einen Blog oder hast du einen YouTube Kanal? Bist du bei Instagram? Wie oft postest du dort Neues? Was können Follower davon erwarten?

 

Für meine Outdoor-Aktivitäten habe ich neben der Website www.pilgerwagennomade.de noch die Facebook-Page https://www.facebook.com/Pilgerwagennomade/. Ein Instagram-Account ist in Vorbereitung. Ich poste eher sporadisch. Meistens dann, wenn es einen neuen Tourbericht gibt oder ich umfassende neue Inhalte zu allgemeinen Aspekten zum Thema Pilgerwagen erstellt habe.

 

 

10. Welche spannende Tour oder Trip planst du aktuell?

  

Als nächstes steht eine zehntägige Wanderung über rund 220 km auf dem Wendlandrundweg an. Direkt anschließend will ich die 150 km des Hünenweges innerhalb von 3 Tagen laufen. Noch in 2020 wird es weitere Touren mit ähnlichen Umfängen geben. Da steht noch nicht fest, wo genau es mich hinführen wird. Vermutlich werde ich auf den 250 km des Fuldaradwegs der Fulda von der Quelle zur Mündung folgen. Mittelfristig hoffe ich, Zeit für eine mehrmonatige Tour zu finden.Ich weiß aber noch nicht, wie offen mein Arbeitgeber für das Thema „Sabbatical“ ist.

 

 

11. Wie kamst du auf die Idee für dein Vorhaben?

 

Mal inspirieren mich Reisen anderer Menschen, von denen ich online erfahre. Mal entstehen die Tourideen direkt in meinem Kopf. Viele dieser Ideen reizen mich, aber bei manchen spüre ich deutlich: „Das musst du machen!“. Mich packt dann eine große Begeisterung und ich gehe die Tour an. Was genau dazu führt, dass ein bestimmtes Vorhaben für mich diese besondere Bedeutung bekommt, kann ich nicht genau sagen.

 

 

12. Wie lange wird deine Reise dauern?

 

Meistens reise ich einige Tage bis maximal zwei oder drei Wochen. Die oben erwähnte längere Tour soll drei bis vier Monate dauern.

 

 

13. Hast du einen exakten Plan, oder lässt du dich lieber treiben und schaust was so auf dich zukommt?

 

Im Gegensatz zu vielen anderen Outdoor-Reisenden, bin ich eher der „Better safe than sorry-Typ“: Je kürzer die Tour, umso eher gehe ich diese mit einem exakten Plan an. Wo werde ich übernachten? Wo kann ich meine Vorräte aufstocken? Wie sieht der GPX-Track aus, dem ich folge? Je länger die Tour, umso detailärmer fällt meine Planung aus.

 

 

14. Was erhoffst du dir von deiner Reise?

 

Viele Menschen führt es auf ihren Reisen zu besonderen Sehenswürdigkeiten. Ich passiere diese manchmal in geringer Entfernung. Denke, dass es eigentlich schade ist, sich das jetzt nicht anzuschauen, aber wirkliches Interesse habe ich dann doch nicht. Mich reizt es eher, die Natur in ihrer Vielfalt zu erleben. Mir selbst zu begegnen. Und besondere Erfahrungen mit Menschen zu machen.

 

Die Mischung aus Natur und körperlicher Anstrengung oder Erschöpfung verändert meine Wahrnehmung, meine Emotionen und mein Denken. Das erlaubt mir letztlich einen intensiveren Zugang zu mir selbst. Andere Menschen sehen anhand des großen Rucksacks bzw. des Pilgerwagens, dass ich auf einer größeren Reise bin. Viele Menschen fragen nicht nur interessiert nach, sondern berichten mir als dem „fremden Reisenden“ sehr persönliche Dinge aus ihrem Leben. Manchmal bekomme ich kleine Hilfestellungen angeboten: Mitfahrgelegenheiten (die ich ablehne), Übernachtungsplätze, ein Getränk, Kuchen oder ähnliches. Das Erstaunliche: In den seltenen Fällen, in denen ich vor größeren Problemen stand, fand sich immer jemand, der mir Hilfe anbot, ohne dass ich darum bitten musste. Dies hat mein Urvertrauen, dass sich alles schon irgendwie fügen wird, sehr gestärkt. Vielleicht macht dieses Urvertrauen längere Outdoor-Touren und Übernachtungen im Freien auch erst möglich.

 

 

15. Wen oder was wirst du am meisten auf deiner Reise vermissen?

 

Wanderungen mache ich gemeinsam mit meiner Frau, Lauftouren allein. Und bei Lauftouren vermisse ich meine Frau.

 

 

16. Ist deine Art zu Reisen dein absolutes Non plus Ultra oder wie möchtest du sie noch verändern? Welche Pläne hast du noch für die Zukunft?

 

Derzeit begeistert mich meine Art zu reisen so sehr, dass mein einziger Wunsch ist, häufiger und länger so unterwegs sein zu können. Im Ruhestand könnte ich mir vorstellen, einige Jahre keine feste Wohnung zu haben, sondern mit Wohnwagen oder Camper unterwegs zu sein. Aber das liegt ja noch einige Jahre in der Zukunft.

 

 

17. Hattest du schon einmal eine brenzlige Situation auf einer deiner Reisen? Wie konntest du dem entgehen?

 

Da gab es einige Kleinigkeiten, aber erst ein größeres Problem. Auf einer Tagestour im Harz waren meine Frau und ich getrennt voneinander jeweils in sehr abgelegener Gegend unterwegs. Wir hatten beide sehr schwachen Handy-Empfang. Meine Frau versuchte mich per Anruf und SMS zu kontaktieren, was nur sehr schleppend funktionierte. Es dauerte, bis ich alle benötigten Informationen hatte: Sie lag mit gebrochenem Sprunggelenk „off-trail“ im Wald. Als ich endlich ihre GPS-Koordinaten hatte, informierte ich die Feuerwehr, die dann eine Rettungsaktion startete. Es dauerte knapp zwei Stunden vom Fußbruch bis zum Auffinden durch die Feuerwehr. Eine weitere Stunde, bis meine Frau im Krankenhaus ankam. Dies hat mein Risikobewusstsein gestärkt. Heute bin ich umsichtiger, vor allem, wenn ich mal wieder allein unterwegs bin.

 

 

18. Was uns auf Reisen immer alle beschäftigt, ist das Essen. Hast du ein Lieblingsgericht, welches du häufig zubereitest? Ob auf dem Lagerfeuer, im Dutch Oven oder auf dem Kocher, die Leser freuen sich sicher schon darauf es nachzukochen.

 

Schwer vorstellbar, aber wahr: Zwar laufe ich mit einfacher Ausrüstung durch die Gegend und übernachte mit einfacher Ausrüstung auf Campingplätzen oder im Wald, dennoch esse ich abends am liebsten im einem Restaurant und pausiere tagsüber gern in Biergärten oder Cafés. Ansonsten esse ich, was Supermärkte und Bäckereien anbieten. Abendliche warme Mahlzeiten vom Kartuschen-Kocher fallen eher schlicht aus. Eine Nachkoch-Empfehlung möchte ich da ungern aussprechen. Typische Zutaten: Mie-Nudeln, rote Linsen, Gemüse. Seit einer Weile ernähre ich mich vegetarisch, soweit möglich, auch vegan.

 

 

19. Welches sind deine 3 wichtigsten Gegenstände auf deiner Reise?

 

Da fällt meine Antwort wenig romantisch, weil sehr elektronisch aus: Am häufigsten nutze ich mein Smartphone und/ oder eine Outdoor-Uhr. Beide Geräte vor allem zur Navigation. Damit das nicht nur kurzzeitig funktioniert, sind immer auch Ladegerät und Powerbank dabei. Danach sind mir Rucksack oder Pilgerwagen wichtig, denn irgendwie muss ich mein Zeug ja transportieren. Auf Platz drei folgt meine Camping-Ausrüstung, die mir mehrtägige Touren erst erlaubt.

 

 

20. Was magst du unseren Lesern mit auf den Weg geben?

 

Verschiebe deine Pläne nicht endlos in die Zukunft, sondern realisiere sie so früh wie möglich! Sei dabei nicht unvernünftig, aber lass dich auch nicht zu sehr vom „scheinbar Unvermeidlichen“ bremsen: Schau dir Lebensentwürfe anderer Menschen an. Beneide sie nicht nur um ihren Mut, sich Freiheiten zu nehmen, sondern eifere ihnen nach.