Work and Travel in Irland

Mareike berichtet uns im ersten Teil von der Idee nach Irland zu reisen und dort zu arbeiten bis zum Ende ihres ersten Monats in Irland und welche Erfahrungen sie dort gemacht hat.

 

Einfach mal rauskommen. Ein bisschen was von der Welt sehen. Diese Gefühle und Gedanken haben mich und wahrscheinlich auch viele von euch schon begleitet.

 

Aber wohin soll es gehen? Wie lange? Woher bekomme ich das nötige Kleingeld? Und vor allem, was genau soll ich unternehmen?

Tausende Fragen schossen mir durch den Kopf, nachdem ich mich dazu entschlossen hatte, Anfang 2018 mein Studium abzubrechen. Ich brauchte einen neuen Abschnitt im Leben, Zeit zum Überdenken, was einem wichtig ist und wie es denn jetzt weitergehen soll.

 

Zu der Zeit lebte ich in einer wunderbaren WG mit zwei liebevollen Mitbewohner/innen. Einer davon erzählte mir oft beim gemeinsamen Abendessen von den zahlreichen Urlauben mit seiner Familie in Irland. Da er selbst begeisterter Hobbyfotograf ist, bekam ich schon einen kleinen Vorgeschmack auf das Land, welches mir mein Herz stehlen sollte.

 

Eins war mir klar, ich brauchte etwas Geld, um eine Reise antreten zu können und deshalb fing ich an in einem Café zu arbeiten. Mein Plan war es, für ein Jahr zu arbeiten und dann im nächsten Jahr zu Reisen, bevor meine Ausbildung beginnt.

  

Im Sommer 2018 wurde ich immer ungeduldiger. Mehr und mehr Fragen, Gedanken und Wünsche kamen in mir auf. Irgendwann gelangte ich an den Punkt, an dem ich etwas unternehmen wollte. Irgendetwas planen. Ich war noch nie alleine unterwegs und daher wusste ich nicht, wie genau ich überhaupt anfangen sollte. Einige Freunde in meinem Umfeld waren selbst schon für mehrere Monate mit Backpack unterwegs und haben erzählt, wie sie ihre Reisen ganz ohne klassischer Agentur geplant haben. Also wusste ich, dass es möglich ist, alleine eine Reise zu planen.

 

Ich wollte gerne weiterarbeiten und so Land und Leute besser kennenlernen. Nach einiger Recherche stieß ich auf die Seite „Workaway“, welches ein Programm anbietet, bei dem man sich einen Host suchen kann für den man dann schließlich arbeitet. Im Gegenzug darf man bei vielen gratis unterkommen und muss sein Essen nicht bezahlen (Ausnahmen gibt es aber auch!).

 

Dann kam natürlich die Frage „Wo denn überhaupt?“.

 

Irland hallte es in meinem Kopf. Nicht ganz so weit weg (wie das typische Australien), hat Meer und sogar auch Berge. Von den Erzählungen, die ich kannte, waren die Leute wirklich so freundlich und zuvorkommend wie man sie sich vorstellt.

 

 

Nachdem ich mir einen Zeitraum von (leider zu kurzen) zwei Monaten festgelegt habe, fing die Suche nach den passenden Hosts an. Schnell wurde ich fündig und habe ein nettes altes Ehepaar und einen Rentner gefunden, die mich aufnehmen würden.

 

Dann endlich am 1. April 2019 ging es für mich in den Flieger Richtung Dublin Airport. Das erste Mal alleine in einem fremden Land zu sein war ein überwältigendes Gefühl. Vom Flughafen aus ging es mit dem Bus quer durch Dublin City zum Bahnhof. Dort angekommen begrüßte mich, wie mit deutscher Manier, die Infotafel „Der Zug hat Verspätung“. Einige Dinge ändern sich einfach nie. Aber schon am ersten Tag habe ich die irische Höflichkeit hautnah miterlebt. Du wirst häufig von deinen Sitznachbarn in Zug oder Bus angesprochen, ein kleiner Small Talk hier und dort ein kleines Gespräch mit der Kassiererin an der Theke. Immer mit der Begrüßung „Hi, how are you?“ und sie warten auf eine Antwort darauf (habe von meiner Gastfamilie danach gelernt, dass alle nur super neugierig sind, was der andere für Klatsch und Tratsch bereit hat ). Ganz anders also als in Deutschland, wo viele eher ihr eigenes Ding durchziehen. Schlussendlich ging es mit dem Zug dann nach Thurles, was relativ mittig in Irland liegt, zu dem Rentnerehepaar Mary und Jim.

  

Mary arbeitet immer noch in ihrer Freizeit als Künstlerin und unterrichtet privat Englischunterricht. Bei Jim kann man von Glück reden, wenn man ihn zuhause erwischt, denn er moderiert eine Radioshow, für die er fast täglich unterwegs ist und Interviews führt. Hinzu kommt, dass beide gefühlt 10 weitere Hobbies haben und damit trotz ihres Alters (was man den beiden nicht anmerkt) unheimlich aktiv sind. So habe ich für sie die Arbeit in Haus und Garten übernommen, viel Zeit mit ihrem kleinen Labradorwelpen Ben verbracht und natürlich war ich auch oft mit den beiden unterwegs. Mitte April stieß dann auch Laura aus Südafrika (Johannesburg) zu uns, die vor ein paar Jahren schon einmal für die beiden gearbeitet hat. Zusammen haben wir uns die Aufgaben geteilt und haben auch gemeinsam viel erlebt. Die Arbeit wurde zu zweit wesentlich entspannter und wir waren schon häufig am Mittag fertig und es war uns freigestellt, was wir am Nachmittag unternehmen wollten. Natürlich je nachdem wie das Wetter mitgespielt hat. Denn eins kann Irland gut, und zwar innerhalb von einer halben Stunde viermal (mindestens) seine Wetterlage ändern. Von plötzlich heftigen Schauern begleitet mit Hagel zu strahlender Sonne wieder hin zu Regen und anschließendem Regenbogen. Egal zu welcher Jahreszeit, man sollte immer eine Regenjacke dabeihaben! 

 

 

Die schönsten Momente waren die Ausflüge und Wanderungen z.B. zu den Knockmealdown Mountains, zu einem wunderschönen abgelegenen See hoch in den Bergen, zu einem Theaterstück aus Jims Theatergruppe, Marys Choraufführung, der Besuch beim Rock of Cashel,… (lange fortzuführende Liste) und der Tag, an dem wir zu den Cliffs of Moher gefahren sind. Nie werde ich dieses atemberaubende Gefühl vergessen, ganz nah am Rande der Klippen zu stehen und diese gewaltigen Felswände und den Abgrund nach unten zu sehen. Natürlich hat Mary immer auf uns aufgepasst, aber ich hatte schon ein mulmiges Gefühl, für ein Foto ganz dicht an den Rand zu gehen. Ich höre immer noch ihre Stimme „Noch ein Stück, noch ein Stück, noch ein Stück… Ich lass dich schon nicht runterfallen“. Zu meiner Verteidigung, an dem Tag war es schon etwas windig, der Halt war nicht gerade leicht und das für eine Norddeutsche muss schon etwas heißen. Anscheinend sind die Iren noch abgebrühter was den Wind (und den Regen) angeht. 

 

 

Aber ganz besonders sind die zwei Abende, die sich für immer in mein Herz eingebrannt haben, an denen ich den irischen Himmel kennenlernen durfte. Einmal in der Woche am Donnerstag öffnet der Pub „Jim O‘ the mills“ seine Türen. Man muss es einmal erlebt haben, denn genauso stellt man sich Irland vor. Der Pub ist schon seit längerem in den Händen einer sehr musikalischen Familie. Wenn man es genau nimmt, fühlt sich der Ort eher wie ein riesiges Wohnzimmer an, denn das ist er quasi auch. Im Obergeschoss lebt die Familie und unten aufgeteilt auf zwei bis drei Räumen kommen dann die Gäste zusammen. Und das Besondere dabei ist, dass die Leute sich ihre Musikinstrumente von zuhause mitnehmen und dort dann gemeinsam anfangen zu singen und vor allem Irish Folk zu spielen. Es gilt die Regel: Jeder der einen Songwunsch hat, darf einfach reinrufen oder sein Lied anstimmen. Der Rest kommt dann einfach dazu. So entsteht eine Stimmung, die ein wunderschönes Gemeinschaftsgefühl erhebt, genauso als würde man mit 5 Leuten am Lagerfeuer sitzen. Nur ist dieses Lagerfeuer der Pub und 5 Leute sind mal eben knapp 30 Leute in einem Raum (oder mehr). Zur Krönung des Abends gibt es frischgebackenen Black Pudding von der Besitzerin ausgehändigt. Ich war mutig und habe den Blutpudding mal probiert. Definitiv nicht mein Geschmack.  

 

 

Die Zeit im April verging dann wie im Flug und eigentlich wollte ich die beiden gar nicht verlassen. Ich hatte unglaublich viel Spaß mit Mary, Jim und Laura und hatte viele schöne Erfahrungen gesammelt. Aber es war Zeit für mich zu gehen, denn im Mai stand der Wechsel zum nächsten Ort an. Zu dem Punkt konnte ich noch nicht erahnen, dass ich in meinem eigenen Garten Eden leben würde......